Mindset
3
min Lesezeit

Before I die ...

Veröffentlicht am
16/11/23
Before I die ...
Autor:in
Saskia Sattler
Coach
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Wer kennt sie nicht, hat nicht von ihr gehört oder sie nicht schon einmal selbst verfasst? Die Bucket List oder zu Deutsch ‚die Löffelliste’. Gemäß des Cambridge Dictionary handelt es dabei um “a list of the things that a person would like to do or achieve before they die” (Cambridge University Press, 2014).

Auf den ersten Blick erscheint dies eine sinnvolle Tätigkeit zu sein, da diese Liste die eigenen Lebensziele möglicherweise verdeutlicht oder noch einmal schärft. Als ich die Definition jedoch erneut las, blieb ich an dem Ausdruck ‚before they die‘ hängen. Ich fragte mich, weshalb es ‚before they die‘ und nicht ‚until they die‘ hieß. Interessanterweise ist in deutschen Definitionen häufig nur von ‚bis sie [die Person] stirbt‘ die Rede. Macht es folglich einen Unterschied, ob wir uns der Abarbeitung unserer Bucket List widmen, bevor oder bis wir sterben? Wie ist dein erster Impuls?

Im Falle einer Tendenz hin zum Bestehen eines Unterschieds lade ich dich ein, meinen weiteren Zeilen zu folgen und gemeinsam mit mir die Frage nach dem Unterschied zu bewegen. Um uns dieser Fragestellung anzunähern, untersuchen wir zunächst den kleinen gemeinsamen Nenner beider Ausdrücke: den Tod.

Nichts ist so unausweichlich, wie unsere eigene Endlichkeit, und gleichzeitig ist nichts so beängstigend und bedrohlich wie das Wissen um unsere eigene Endlichkeit. Der Tod ist der Antagonist des Lebens, die Antithese unserer Existenz, das Antonym unseres natürlichen Überlebenswillens. Er ist unvermeidbar, unkontrollierbar, unausweichlich, unauflösbar und gleichzeitig doch unverzichtbar. Je präsenter uns die Allgegenwärtigkeit des Todes und unsere eigene Vergänglichkeit ist, desto stärker tritt die untergründig schwelende Angst vor dem Sterben und dem Tod hervor.

Es ist jene Angst und nicht der Tod selbst, die Gefühle des Bedauerns oder der Sorge vergeudeter Zeit und verpasster Chancen, innere Unruhe, Konflikte und Stress sowie ein grundsätzliches Hadern in uns auslöst. Befeuert durch Herausforderungen, Bedrohungen und Verluste, die das Leben mit sich bringt, breitet sich diese Angst insbesondere im mittleren Lebensalter in uns aus. Statt der Angst zu begegnen, aktivieren wir sämtliche Schutzmechanismen und setzen vieles daran, den Fakt des Sterbens und des Tods aus unserem Leben zu verbannen. Wir bauen Schutzmauern um uns herum auf und bemerken gar nicht, dass wir selbst zu Gefangenen werden - abgeschnitten von der Fülle und Intensität des Lebens. Was also tun, um uns aus unserem selbstgebauten Gefängnis zu befreien?

Wenn wir den Tod weder bekämpfen, überlisten noch hinauszuzögern können und uns die Angst vor dem Sterben und dem Tod von unserer Sehnsucht nach Vitalität und Genuss wegführt, bestünde die Möglichkeit, dass wir uns dem Tod und unserer Angst zuwenden. Was erst einmal paradox erscheint, hat sich im Rahmen wissenschaftlicher Forschungen auf dem Gebiet der Thanatopsychologie, umgangssprachlich auch ‚Psychologie des Todes‘ genannt, tatsächlich als wirksam und effektiv erwiesen. Wenn wir beginnen, eine Akzeptanz für unsere eigene Endlichkeit zu entwickeln, so die Kernerkenntnis der Forschenden, können wir uns voll und ganz der Gestaltung und Entfaltung unseres Lebens im Hier und Jetzt widmen. Wir brauchen folglich den Tod, denn er erinnert uns daran, wie kostbar und wertvoll unsere Lebenszeit ist, wofür es sich zu leben lohnt, und womit wir in Erinnerung bleiben möchten.

Wong und Tomer (2011) drücken es wie folgt aus: "Death focuses and clarifies. The terror of death teaches us what really matters and how to live authentically. The human quest for meaning and spirituality occupies the center stage, while death anxiety belongs to the background. Thus, the sting of death is swallowed up by our engagement in a meaningful life. In sum, the positive orientation is more concerned with what makes life worth living in spite of suffering and death anxiety." (S. 103)

Zurückkommend auf die Ausgangsfrage nach dem Unterschied zwischen „bevor ich sterbe“ und „bis ich sterbe“ komme ich zu dem Schluss, dass es in Anerkennung des Todes und dem Streben nach Sinnerfüllung um unser Handeln, bis wir sterben, geht. In diesem Sinne lade ich dich ein, noch einmal an deine (mögliche) Bucket List zu denken und dich zu fragen: „Wofür lohnt es sich zu sterben?“

Verwendete Literatur:

  • Cambridge University Press. (2014). Bucket list. Cambridge dictionary. https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/bucket-list
  • Lehto, R. H., & Stein, K. F. (2009). Death Anxiety: An Analysis of an Evolving Concept. Research and Theory for Nursing Practice, 23(1), 23–41. https://doi.org/10.1891/1541-6577.23.1.23
  • Wittkowski, J. (2016). Coping and Attitudes Toward Dying and Death in German Adults. OMEGA - Journal of Death and Dying, 72(4), 316–339. https://doi.org/10.1177/0030222815575283
  • Wittkowski, J. (2000). Thanatopsychologie. Spektrum Akademischer Verlag. https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/thanatopsychologie/15519
  • Wong, P. T. P., & Tomer, A. (2011). Beyond Terror and Denial: The Positive Psychology of Death Acceptance. Death Studies, 35(2), 99–106. https://doi.org/10.1080/07481187.2011.535377
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